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Neumann, Susanne

Standpunkt: Partizipation heißt Beteiligung

Wie Kinder bei Entscheidungen mitwirken können

erschienen in: Musik, Spiel und Tanz 2018/02 , Seite 06

In der UN-Kinderrechtskonvention, Artikel 12 heißt es: „Kinder müssen bei allen Entscheidung, die sie betreffen, nach ihrer Meinung gefragt werden. Kinder dürfen ihre Meinung frei heraus sagen und diese muss dann auch ­berücksichtigt werden.“ Partizipation ist das Gebot der Stunde. Doch was bedeutet die Berücksichtigung des ­Kindeswillens für den pädagogischen Alltag in der Kita?

Ein Recht auf Mitbestimmung und ­Autonomie

Kinder sind geborene Lerner, sie haben die Energie, den Willen und die Lust, ihre Entwicklung eigenständig und individuell zu gestalten. Sie selbst sind Konstrukteure ihres Weltbilds und haben das Recht auf Mitbestimmung und Beteiligung. Es ist daher notwendig, Kinder mit einzubeziehen, sie nicht außen vor zu lassen, sondern ihnen als autonome Wesen der Gesellschaft auf Augenhöhe zu begegnen.
Auch im Sozialgesetzbuch (§ 1 SGB VIII) ist dies ver­ankert. Kindertagesstätten als Einrichtungen der ­Jugendhilfe sollen dazu beitragen, Kinder zu einer ­eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu erziehen. Kinder sollen lernen, sich in unseren Gesellschaftsstrukturen zurechtzufinden und außerdem dazu befähigt werden, die demokratische Gesellschaft aktiv mitzugestalten.
Der Leitgedanke des gemeinschaftlichen Tuns ist zutiefst demokratisch-partizipatorisch und geht davon aus, dass Demokratie nur unter demokratischen Bedingungen geübt werden kann. Herauszufinden ist, was für die Entwicklung der Kinder günstig und angemessen ist.

Was ist Partizipation?

Kinder verbringen einen nicht unwesentlichen Teil ­ihres Tages in der Kindertageseinrichtung. Sie brauchen Raum zur Selbstbestimmung und Autonomie. Auch haben sie ein Recht darauf, gehört zu werden und ihre Meinung zu sagen.
Dabei stellt sich die Frage, inwieweit Erwachsene bereit sind, Macht abzugeben und Strukturen, die durch Traditionen und Wertvorstellungen gestützt sind, zu hinterfragen. Es ist eine Herausforderung für die Erwachsenen in der pädagogischen Arbeit, Kindern zum einen auf Augenhöhe und gleichberechtigt zu begegnen und gleichzeitig, aufgrund ihrer Erfahrungen, Verantwortung zu übernehmen.
Der pädagogische Alltag in der Kindertageseinrichtung verlangt verbindlich ein Umdenken hin zu einer konstruktivistischen systemischen Grundhaltung. Was bedeutet das? PädagogInnen werden zu MentorInnen, LernbegleiterInnen und unterstützen durch ihr Handeln die Entwicklungs- und Bildungsprozesse der Kinder. Raumgestaltung und Materialvielfalt haben Aufforderungscharakter, setzen Impulse und laden ein, in Aktion und Interaktion zu treten. Das Maß der Partizipation hängt meist von der individuellen Haltung und Sichtweise der pädagogischen Fachkraft ab. Einbeziehung und Mitbestimmung von Kindern sind die Voraussetzung für gelebte Partizipation.

Das Ziel gelebter Partizipation in Kindertageseinrichtungen beinhaltet die Anleitung der Kinder zur selbstbewussten Wahrnehmung der Welt und die Aufforderung zum aktiven und kreativen Handeln. Die Gestaltung des gemeinsamen Lebensbereichs ist entscheidend. Kinder bestimmen selbst, wie sie den Tag verbringen. Sie entscheiden, was sie spielen und wo sie sein möchten, wann sie frühstücken wollen und mit wem sie in Interaktion treten. In Planungs- und Entscheidungsprozessen von Festen und Projekten müssen Kinder beteiligt werden.
Themen der Kinder werden dokumentiert und projektorientiert in den Alltag der Kinder umgesetzt. Kinder zeigen Eigeninitiative, testen mögliche Spielräume und lernen Verantwortung zu übernehmen. Die Erwachsenenperspektive tritt in den Hintergrund.

Impulse zur Selbstreflexion

Wo beginnt die Selbstbestimmung der Kinder?
Wer legt die Regeln fest?
Wie kann ich Kinder unterstützen, Entscheidungen zu treffen?
Welche Haltung ist erforderlich, um Kindern partizipieren zu lassen?
Wie gelingt es mir, den Ansichten und Ideen der Kinder wertneutral zu begegnen?

Lesen Sie weiter in Musik, Spiel und Tanz 2018/02.